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PIP Brustimplantate – welche Risiken bestehen für die Patientinnen?

Seit Wochen herrscht helle Aufregung und große Verunsicherung bei hunderttausenden Frauen im In- und Ausland, die in den letzten zehn Jahren ein Brustimplantat erhalten haben. Im Mittelpunkt des Skandals steht die mittlerweile insolvente französische Firma P.I.P.(Poly Implant Prothese), die ihre Implantatkissen statt mit dem für medizinische Zwecke zugelassenen Silikongel mit viel billigerer Industrieware gefüllt hat. Zu den Gefahren, die von derartigen Implantaten ausgehen können, hat das deutsche Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) im Dezember 2011 eine warnende Empfehlung veröffentlicht und diese inzwischen mehrfach ergänzt und erweitert. Den aktuellen Stand der Empfehlungen können Sie hier nachlesen.

Bundesweit sind Patientinnen von den mangelhaften Implantatskissen betroffen, die genaue Anzahl ist noch nicht bekannt.  IGTV möchte die Verunsicherung dieser und anderer Patientinnen verringern und hat den renommierten plastischen Chirurgen Gerd Friedrich Westphal (Meoclinic Berlin) zu einem Interview gebeten.

Gerd Westphal

Gerd Westphal

Wie kann eine Patientin in Erfahrung bringen, ob Sie ein PIP Kissen implantiert bekommen hat?

Regelhaft erhalten Patientinnen nach ihrer Brustvergrößerung von ihrem Arzt/Klinik einen Implantatspass, in diesem sind die herstellende Implantatsfirma und Daten zu Größe, individueller Ausführung, Referenz- und Chargennummern notiert. Sollte dieser Pass verloren gegangen sein, sind diese Daten in den Kliniken und bei den Ärzten in den sogenannten Implantats-, OP-Büchern und OP-Berichten für 30 Jahre aufgehoben und können dort abgerufen werden.

Welche Gefahren bestehen für die Betroffenen falls das Silicon aus dem Kissen austritt und sich im Körper verteilt?

Die körpereigene bindegewebige Kapsel, die sich nach der Implantation um das Implantat bildet, ist die erste biologische „Barriere“ für ausgetretenes Silikon und würde den Übertritt in den Organismus aufhalten. In dieser „Hülle“ könnten Flüssigkeiten, ob nun freies Silikon oder auch Zellreaktionen, als eine Art Abwehrmaßnahme des Körpers, sich sammeln. Diese sind natürlich interessant zytologisch zu analysieren, um das fragliche „nicht konforme“ Silikon der Firma PIP und dessen Auswirkungen auf den menschlichen Organismus besser beurteilen zu können. Aufgrund der Tatsache, dass die PIP Implantate mit einem für den Bau vorgesehenen Silikon gefüllt sind gilt es hier zu beachten, welche Vergiftungen dieses Material auslösen kann.

Was sind die Symptome?

Durch eine digitale Sonographie und MRT im Vorstadium des Implantatswechsel sind Risse im Implantat und diese „Verhaltungen“ aufzuspüren und bei der Operation dann für eine Untersuchung zu gewinnen. Das Gleiche gilt für die eigentliche bindegewebige Kapsel und das umliegende Gewebe. Falls das Silikon aus der Kapsel ausgetreten ist, stellt das Lymphsystem und die Lymphknoten der Achsel die nächste Barriere dar. Somit sollten diese im Vorstadium ebenso kontrolliert werden.

Brustimplantat... © fffranz - Fotolia.com

Brustimplantat… © fffranz – Fotolia.com

Allein in Deutschland werden jährlich über 25.000 Brustimplantate eingesetzt. Doch was sind die Gründe, die so viele Frauen zu einer Brustoperation motivieren? Es gibt zwei Kategorien, nämlich einmal die medizinische begründete (indizierte) Notwendigkeit einer Brustoperation, und andererseits die rein ästhetisch-kosmetisch begründete Veränderung (zumeist eine Vergrößerung) der weiblichen Brüste. Fallzahlen aus der medizinischen Praxis zeigen ein Verhältnis von 1:4; anders ausgedrückt sind etwa 80 Prozent aller Brustoperationen kosmetischer Natur und nur 20 Prozent Wiederherstellungschirurgie, wenn etwa im Rahmen einer Brustkrebs-OP die betroffene Brust ganz oder teilweise entfernt werden musste bzw. deformiert wurde.

Der weitaus größte Teil der Frauen aber, die Brustimplantate einsetzen lassen tut dies, weil sie mit dem Aussehen ihrer Brüste schlicht und einfach unzufrieden sind. Möglicherweise erscheinen Ihnen Ihre Brüste insgesamt zu klein, so dass das Selbstwertgefühl darunter leidet. Auch mehr oder weniger stark unterschiedlich geformte Brüste können ein Grund für den Wunsch nach optischer Korrektur sein, ebenso eine Veränderung der Brüste nach Schwangerschaft und Stillen.

In jedem Fall ist auch bei Verwendung einwandfreier Materialien- eine solche Veränderung von Volumen und Kontur der weiblichen Brust immer ein erheblicher operativer Eingriff unter Vollnarkose, der in das medizinische Fachgebiet der plastisch-rekonstruktiven Chirurgie fällt, mit den entsprechenden Risiken.

...eine tickende Zeitbombe??? © Scheidle-Design - Fotolia.com

…eine tickende Zeitbombe??? © Scheidle-Design – Fotolia.com

IGTV wollte weiter von Gerd Friedrich Westphal in Erfahrung bringen, wie sich eine interessierte Patientin im Vorfeld informieren und schützen kann, um durch den geplanten Eingriff ein möglichst geringes Risiko zu tragen?

Mit Silikongel gefüllte Brustimplantate gehören zu den meist untersuchten Medizinprodukten (mit mehr als 3.000 von Experten geprüften und publizierten Studien, einschließlich epidemiologischer Studien, die die sichere Verwendung der Implantate bestätigen). Im Juni 2011 gab die FDA für Kliniker und Wissenschaftler einen Bericht über aktuelle Ergebnisse zur Sicherheit von Silikongel‐gefüllten Brustimplantaten heraus. Dieser Report bestätigte die Sicherheit und Effektivität von Gel‐gefüllten Brustimplantaten bei vorschriftsgemäßem Gebrauch. Für die Wahl des geeigneten Arztes für eine Brustvergrößerung sollten sich die Patienten genügend Zeit nehmen. Voraussetzung für ein zufrieden stellendes Operationsergebnis ist die Wahl eines entsprechend ausgebildeten Facharztes. Ich rate dringend zur Wahl eines Facharztes für Plastische und Ästhetische Chirurgie.

„Schönheitschirurg“ reicht nicht !!

Der Plastische und Ästhetische Chirurg ist ein anerkannter Facharzt, der nach Abschluss seines Medizinstudiums eine sechsjährige Weiterbildung absolviert hat. In dieser Zeit muss er selbstständig etwa 600 Operationen vornehmen und mehrere Prüfungen bestehen. Nach diesen praktischen Erfahrungen und theoretischen Weiterbildungen muss der Arzt die Facharztprüfung an der jeweiligen Landesärztekammer ablegen. Erst dann erhält er offiziell den Titel „Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurge“ (aktuell wird auch der auslaufende Titel „Facharzt für Plastische Chirurgie“ geführt, dessen Weiterbildung vergleichbar war) und damit für Sie, den Patienten, den eindeutigen Nachweis einer umfassenden Ausbildung. Nur der Titel „Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie“ (bzw. „Facharzt für Plastische Chirurgie“) ist geschützt. Andere Bezeichnungen wie „Kosmetischer Chirurg“, „Schönheitschirurg“ oder  „Ästhetischer Chirurg“ sind keine geschützten Titel und können von jedem Arzt geführt werden. Über ihre Aus- bzw. Weiterbildung sagen sie nichts aus.

Fachärzte für Plastische und Ästhetische Chirurgie findet man bei:

Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen

Langenbeck-Virchow-Haus

Luisenstraße 58-59, 10117 Berlin

Fon: 030 / 28 00 44 50

Fax: 030 / 28 00 44 59

www.dgpraec.de

info@dgpraec.de

Text:   Alexander Strauch

Interview: JK

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