„Touchdown“ ! Doch diesmal irgendwie anders.
Es ist der beliebteste und populärste Sport in den USA, das jährliche Liga-Finale (Super-Bowl) ist das größte Einzelsportereignis weltweit, es wird von über 100 Millionen Zuschauern gesehen: Die Rede ist vom American Football der NFL (National Football League).
Ziel des Spiels ist es, den Ball (das „Football-Ei“) von einer Seite des 120 Yards (ca. 109m) langen Spielfeldes auf die andere zu bringen, um so einen „Touchdown“ (6 Punkte) zu bekommen. Beide Mannschaften stehen sich mit je elf Spielern gegenüber. Die offensive Mannschaft arbeitet sich Yard für Yard in Richtung der gegnerischen Endzone vor, während die defensive Mannschaft versucht, die Angreifenden zu stoppen. Dies ist möglich durch das so genannte „Tackeln“ (Umstoßen des Gegenspielers mit dem eigenen Körper) oder des Abfangen eines Passes (Interception). Gelingt dies, wird gewechselt und die gegnerische Mannschaft greift nun an.
Trotz des riesigen Erfolges konnte American Football bisher in unseren Landen nicht wirklich Fuß fassen. Es mag vermutlich am großen Regelwerk liegen, welches sich dem Neuling erst nach geraumer Zeit erschließt. Doch vor allem das eigenständige Spielen ist recht umständlich, da man eine ziemlich teure Ausrüstung braucht, um gegen das sogenannte „Tackeln“ geschützt zu sein. Das ist besonders für Untrainierte sehr gefährlich, da man sich schwerwiegende Verletzungen zuziehen kann. Durch heftige Schläge bzw. Stöße gegen den Kopf bekommen die Spieler häufig leichte bis schwere Gehirnerschütterungen. Das kann langfristig zu irreparablen Schäden bis hin zu frühzeitiger Demenz führen. Ausgekugelte Schultern und Finger sind verglichen damit noch das geringste Übel. Besonders gefährlich wird es für den Rücken und die Wirbelsäule. Von Halswirbelbrüchen bis hin zu Querschnittslähmungen ist praktisch jede schwere Verletzung in diesem Bereich möglich.
Doch nun etabliert sich eine völlig neue Variante das American Footballs: „Flag-Football“!
Bei diesem neuartigen Sport werden die negativen Elemente des AF durch einfachere und die Gesundheit schonende Regeln ersetzt. Statt des „Tackelns“ haben die Spieler hierbei eine Flagge, engl. Flag, am Gürtel. Diese muss vom Gegenspieler abgezogen werden, um den aktuellen Spielzug zu beenden. Die Spielmodi „9 gegen 9“, „7 gegen 7“ oder die beliebteste Art „5 gegen 5“ sind weitere Veränderungen im Vergleich zum „11 gegen 11“ beim klassischen American Football. Somit ist dies insgesamt eine harmlosere, aber dennoch sehr viel Spaß bringende Variante.
Besonders die Jugend (schon ab 6 Jahren ist der Einstieg möglich) hat dieses Spiel zur neuen Trendsportart gewählt. Mittlerweile gibt es neben Flag-Football-Vereinen und -Ligen (DFFL) auch Welt- und Europameisterschaften in dieser Disziplin. 2010 errang die deutsche U15-Nationalmannschaft der Männer das heiß begehrte Gold in der Europameisterschaft. Die nächste Weltmeisterschaft wird 2012 in Schweden ausgetragen: Hoffen wir auf einen guten Lauf unserer Damen- und Herrenteams!
Die erreichten Erfolge der deutschen Teams lassen hoffen, dass sich Flag-Football schnell zu einer etablierten Sportart mit noch breiterer Resonanz entwickelt. Neugierig geworden, hat ihre-gesundheit.tv dem Vorsitzenden des Flag-Football Teams der „Berlin Bears“ einige Fragen zu dieser Trendsportart gestellt:
Seit wann gibt es die Berlin Bears und ab wann kam das Flag-Football hinzu?
Die Berlin Bears gibt es seit 1985. 1987 nahm die Tacklemannschaft (Original American Football) ihren Spielbetrieb in der Regionalliga auf.
Das erste Flagfootball-Team der Senior „Flags“ von den Berlin Bears gibt es seit 2004. Seit 2006 spielen wir in der DFFL mit.
Welchen grundlegenden Unterschied gibt es zum „normalen“ American Football?
Gespielt wird als „Semi-Contact“- Football ohne die übliche Football-Ausrüstung.
Bei unserer Variante, dem 9 gegen 9, ist aktives Blocken erlaubt. Auch die anderen Elemente des Footballspiels wie Passen, Fangen und Kicken des Balles sind vorhanden. Nur auf das Tackeln müssen wir verzichten. Stattdessen werden die „Flags“ gezogen, die sich an einem Gürtel befinden.
Treten Verletzungen auf und wenn ja, welche? (z.B. auch im Vergleich zum American Football)
Verletzungen gibt es selbstverständlich auch, jedoch fallen diese nicht so gravierend aus wie beim Tacklefootball. Da Flagfootball entweder als „Non-Contact“ oder „Semi-Contact“ gespielt wird, sind Verletzungen eher selten. Es gibt daher keine flagfootball-spezifischen Verletzungen.
Gibt es bei den „Berlin Bears“ auch die Möglichkeit, ein Probetraining zu absolvieren oder gar einen Probemonat? Und wer ist dafür geeignet?
Wir trainieren während der Saison zwei- bis dreimal pro Woche. Neue Spieler sind immer gerne gesehen. Mehrfaches Probetraining kann jeder bestreiten. Einfach Sportbekleidung mitbringen und mitmachen.
Sie sind bereits viermal „National DFFL-Champions“ mit dem Senior-Team geworden, welche Ziele haben Sie für die Zukunft?
Wir spielen dieses Spiel, weil wir es lieben. Die meisten von uns kennen sich bereits ihr halbes Leben lang, das schweißt zusammen. Wir sind in den sechs Jahren viermal Meister geworden, waren zwischenzeitig fast drei Jahre ungeschlagen. Das sind Hausmarken, die man erstmal erreichen muss. Die größte Motivation und Ziel ist es, dem allen immer noch einen drauf zu setzen! Es ist auch schön zu sehen, dass immer wieder alte Footballspieler, aber auch Quereinsteiger den Weg zu uns finden und Spaß haben.
Was wünschen sich in Bezug auf das Interesse der Öffentlichkeit am Flag-Football?
Sponsoren etc. gibt es bisher leider keine. Wir müssen unsere Kosten noch komplett selbst tragen und spielen nicht selten vor weniger als 100 Zuschauern. Zum einen genießt unsere Sportart ein Nischendasein, zum anderen ist sie in Footballkreisen verpönt, da hier nur Flags gezogen werden und niemand „getackelt“ werden darf. Genau das aber macht Flagfootball erst so genial, da hier wirklich jeder seine Nische finden kann. Egal ob jung oder alt, klein oder groß…
Für die Zukunft wünsche ich mir, dass die breite Akzeptanz unserer Sportart steigt und noch mehr Teams in der DFFL antreten. Es ist einfach suboptimal, das gesamte Jahr zu trainieren und dann nur sporadisch einige Spiele zu haben. Ein Schritt in die richtige Richtung ist mit der Planung eines Flag-Camps in Hildesheim (5./6.11.) dieses Jahres mit allen Teams der DFFL getan worden.
Text: Oliver Gaertner