Das Image von Getreide hat in den letzten Jahren stark gelitten. Nicht nur aufgrund der Medien-Präsenz von Nahrungsmittelunverträglichkeiten, sondern auch wegen des Hypes um verschiedene Ernährungsformen wie Paleo und Low-Carb. Auch Bestsellerautoren haben den Verbrauchern den Verzehr von Getreide, vor allem Weizen und dem darin enthaltenem Klebereiweiß Gluten, wenig schmackhaft gemacht.
Grundsätzlich ist Getreide ein wichtiges Grundnahrungsmittel, das vor allem in der Vollkornvariante wichtige Nährstoffe wie Eisen, Zink, Magnesium und Kupfer, Vitamin E, Folsäure und B-Vitamine liefert. Daneben handelt es sich um einen wichtigen Ballaststofflieferanten. Weizen spielt in unseren Breitengraden seit etwa 10.000 Jahren eine wichtige Rolle in der Ernährung und ist neben Kartoffeln eine wertvolle Kohlenhydratquelle.
Gluten selbst hingegen ist kein Nahrungsmittel als solches, sondern ein Protein, welches natürlicherweise in Weizen und anderen Getreidesorten wie Roggen, Dinkel, Gerste, Emmer und Einkorn vorkommt. Es ist verantwortlich für die guten Backeigenschaften der Getreidesorten.
Menschen, die an einer Unverträglichkeit gegenüber Weizen oder Gluten leiden, müssen sehr genau Zutatenlisten und Rezepte kontrollieren, da Weizen und Gluten längst nicht nur in Brot, Teig- und Backwaren vorkommen, sondern als Trägerstoff und aufgrund anderer technologischer Eigenschaften in einer Vielzahl von Lebensmitteln vorkommen.
Folgende Unverträglichkeiten gegenüber Weizen bzw. Gluten werden derzeit beschrieben:
- Zöliakie: Autoimmunerkrankung, bei der Gluten eine immunologisch vermittelte Entzündung auslöst, wodurch sich die Darmzotten zurückbilden.
Behandlung: Lebenslanger Verzicht auf Gluten
Verbreitung: etwa 0,3-1% der deutschen Bevölkerung.
- Weizen-Allergie: Immunologische Reaktion auf Weizenprotein. IgE bzw. T-Zellen vermittelte Reaktion gegen verschiedene Proteine wie: Gliadin, Amylase-Trypsin-Inhibitoren(ATI) oder Thioredoxin.
Behandlung: Lebenslanger Verzicht auf Weizen
Verbreitung: etwa 0,1% der deutschen Bevölkerung
- Nicht-Zöliakie-Nicht Allergie-Weizensensitivität (früher Glutensensitivität): Symptome: Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall sowie allgemeine Beschwerden. Untersuchungen zeigten, dass wahrscheinlich auch hier Amylase-Trypsin-Inhibitoren Verursacher der Beschwerden sind, die natürlicherweise als Abwehr gegen Fressfeinde in Getreide vorkommen und wahrscheinlich entzündungsverstärkend bei anfälligen Menschen wirken kann.
Behandlung: oft reicht eine weizenreduzierte Ernährung
Verbreitung: etwa 0,5-7% der deutschen Bevölkerung
Während bei der Zöliakie und der Weizen-Allergie eine lebenslange gluten- bzw. weizenfreie Diät eingehalten werden muss, reicht es bei einer Sensitivität oft schon aus, die Menge an Getreide zu reduzieren. Häufig wird Dinkel auch besser vertragen, als Weizen oder Roggen.
Menschen, die glauben an einer Zöliakie zu leiden, sollten vor der Diagnose nicht aufhören Gluten zu essen, denn diese kann nur diagnostiziert werden, wenn vorher Gluten verzehrt wurde. Wenn also ein Verdacht auf eine Unverträglichkeit besteht unbedingt einen renommierten Arzt aufsuchen und wissenschaftlich fundierte Test durchführen lassen.
Für alle anderen ist Weizen oder anderes Getreide komplett ungefährlich und ein wertvolles Lebensmittel.
Text: Debora Jehkul