Was gemeinhin als „Knie“ bezeichnet wird, ist das Gelenk zwischen dem unteren Ende des Oberschenkelknochens (Femur) und dem oberen Ende des Schienbeins (Tibia). Das Wadenbein (Fibula) als zweiter Unterschenkelknochen hat im Kniegelenk keine Funktion.
Das Knie ist, genau betrachtet, kein einzelnes Gelenk, sondern ein im menschlichen Körper einzigartiges Zusammenspiel dreier Gelenkbereiche in einer gemeinsamen Gelenkhöhle. Dies sind einerseits das Gelenk zwischen der vorn liegenden Kniescheibe (Patella) und dem unteren Ende des Oberschenkelknochens, andererseits die zwei Gelenkhälften zwischen Oberschenkelknochen und Schienbein. Das Knie hat die Funktionalität eines Scharniers, da es sich nur in einer Ebene bewegen kann.
Wie alle Gelenkflächen im Körper sind auch die Oberflächen der Kniegelenkteile mit einer gleitfähigen Knorpelschicht überzogen, die permanent durch eine Flüssigkeit absondernde Membran geschmiert wird. Als zusätzliche „Stoßdämpfer“ fungieren die beiden halbmondförmigen Menisken aus festem Knorpelgewebe, auf denen sich der Oberschenkelknochen abstützt. Sie sorgen außerdem dafür, dass das Kniegelenk sich nicht seitwärts verschiebt. Seine Stabilität erhält das Kniegelenk durch ein System von Bändern, die vorn und hinten (Kreuzbänder) sowie seitlich angeordnet sind. Auch die Kniescheibe wird von derartigen Bändern gehalten.
Arthrose (Arthrosis deformans, Gelenkverschleiß)
Mit dem Begriff Arthrose (aus dem Griechischen, für arthros = Gelenk) bezeichnet der Mediziner ganz allgemein einen krankhaften Verschleißzustand der Gelenke des Skeletts, also eine degenerative Veränderung, einen fortschreitenden Abbau bzw. Umbau von Knorpel- und Knochensubstanz, der über das altersübliche Maß hinausgeht und in der Regel chronische Beschwerden wie Schmerzen und Einschränkungen der Beweglichkeit hervorruft.
Durch den abnutzungs- oder verletzungsbedingten Abbau wird die Knorpelschicht des Gelenks dünner, bis die Gelenkflächen der Knochen direkt aufeinander arbeiten. Der Knochen versucht, die verloren gegangene Dämpfungsfunktion des Knorpelgewebes durch die Neubildung von Knochengewebe auszugleichen, so kommt es im betroffenen Gelenk zu Deformierungen (Verdickungen), die meist mit einem Verlust an Beweglichkeit einhergehen. Unbehandelt kann der degenerative Prozess so weit fortschreiten, dass das betroffene Gelenk durch Verwachsungen seine Bewegungsfähigkeit gänzlich verliert (Versteifung).
Derartige Gelenkarthrosen treten im höheren Lebensalter sehr häufig auf, aktuelle Zahlen besagen, dass bei etwa 80 Prozent aller Menschen über 70 Jahren ein solcher Abbauvorgang in einem oder mehreren Gelenken vorliegt, wobei insgesamt mehr Frauen als Männer eine Arthrose entwickeln. Am häufigsten betroffen sind die Kniegelenke, gefolgt von Hüft- und Schultergelenken, Gelenken der Wirbelsäule und Fingergelenken. Eine bestehende Arthrose muss allerdings nicht in jedem Fall Beschwerden verursachen; sie wird dann meist zufällig bei einer anders begründeten Untersuchung entdeckt.
Mögliche Ursachen für den Gelenkverschleiß gibt es viele: Es sind neben einer genetisch (familiär, erblich) bedingten Fehlsteuerung in der Zusammensetzung des Knorpelgewebes (mit geringerer Haltbarkeit und Regenerationsfähigkeit) vor allem eine lange bestehende mechanische Überlastung der Gelenke durch Übergewicht oder berufliche Tätigkeit. Auch angeborene Fehlstellungen im Hüft- oder Kniebereich begünstigen durch die physiologisch so nicht vorgesehene, punktuelle Höherbelastung in bestimmten Gelenkbereichen das Entstehen einer Arthrose. Ferner kommen chronische Gelenkentzündungen (alles, was unter den Sammelbegriff Rheuma fällt) sowie Stoffwechselerkrankungen (Gicht, Diabetes) als Auslöser in Frage, genauso wie zurückliegende Verletzungen des Gelenks, (Knochenbrüche mit Verletzung von Kapsel und / oder Bändern, in deren Folge das Gelenk instabil bleibt); im letztgenannten Fall spricht man von einer posttraumatischen Arthrose.
Typische Symptome einer Arthrose sind also Schmerzen im Gelenk und eine Verringerung seines ursprünglichen Aktionsradius. Im Gegensatz zu rheumatischen Beschwerden treten die Schmerzen praktisch nur bei Belastung auf, charakteristisch ist etwa der kurze Schmerz im Kniegelenk, besonders beim bremsenden Abwärtslaufen (Hanglage) oder Abwärtssteigen einer Treppe. Viele Betroffene berichten auch von kurzen morgendlichen „Anlaufschwierigkeiten“ nach der Nachtruhe, wobei sich die Schmerzintensität nach kurzem Warmlaufen bessert. Eine Arthrose kann aber auch die Ursache für eine immer wieder aufflammende Gelenkentzündung (Arthritis) mit Rötung, Überwärmung und Dauerschmerz sein.
Nach wie vor ist eine Röntgenuntersuchung für den behandelnden Arzt das wichtigste bildgebende Verfahren, um sicher beurteilen zu können, ob eine Arthrose besteht und wie weit diese fortgeschritten ist. In manchen Fällen muss zusätzlich eine Magnetresonanztomografie (MRT, „Kernspin“) und / oder eine Computertomografie (CT) durchgeführt werden. Zusätzlich kann eine Blutuntersuchung sinnvoll sein, um entzündliche Prozesse sowie Erkrankungen des rheumatischen Komplexes zu erkennen oder auszuschließen.
Rund um das Thema Gelenkverschleiß ist in den letzten Jahren ein riesiger Markt an Therapieformen und Präparaten entstanden, die -natürlich- nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehören. Wer den Heilsversprechen der Anbieter folgen will möge dies tun, ansonsten bestehen folgende gesicherte Therapiemöglichkeiten:
– Verringerung der Gelenkbelastung durch Abbau von Übergewicht und Vermeidung falscher Bewegungsabläufe;
– symptomatische medikamentöse Therapie zur Schmerzlinderung, Entzündungshemmung und Besserung der Beweglichkeit; ebenfalls möglich ist die Gabe von so genannten Knorpelaufbaupräparaten, die jedoch kein neues Knorpelgewebe schaffen sondern lediglich den Abbauprozess der Restsubstanz verlangsamen können;
– symptomatische physikalische Therapie (Krankengymnastik, Sport, Wärme, Bäder, Ultraschall etc.);
– orthopädische Hilfen (Schuhe, Stützen, Bandagen, Sitzkissen);
– operative Verfahren (Gelenkspiegelung, Gelenkersatz, Gelenkversteifung, verschiedene Knorpelersatzverfahren).
Die detaillierte Abhandlung aller genannter Operationsverfahren würde den Rahmen dieser Einführung bei weitem sprengen, zumal für jeden Fall abzuwägen ist, welche Methode individuell die nachhaltigsten Erfolgschancen bietet. In vielen Fällen können im Rahmen einer Gelenkspiegelung (Arthroskopie) eine beschädigte Knorpelfläche geglättet und störende Neubildungen von Knochengewebe abgetragen werden; bei fortgeschrittenem Gelenkverschleiß ist meist der Totalersatz durch ein Kunstgelenk (Endoprothese) die einzig wirklich nachhaltig wirksame Methode. Besonders bei Hüft- und Kniegelenken ist dies mittlerweile ein häufig durchgeführtes Standardverfahren, doch ist die Haltbarkeit des Gelenkersatzes meist auf 15 – 20 Jahre begrenzt. Da ein erneuter, zweiter Gelenkersatz an gleicher Stelle meist ein schlechteres Resultat bezüglich Festigkeit und Haltbarkeit liefert, wird mittels konservativer Therapie versucht, den Zeitpunkt des ersten Einsetzens einer Endoprothese möglichst lange hinauszuzögern.
Eine viel versprechende Entwicklung haben in den letzten Jahren die verschiedenen operativen Verfahren zum Ersatz des degenerierten Knorpelgewebes durch neues, auch körpereigenes, Gewebe genommen. Ob und wie eine solche Behandlung in Frage kommt, müssen Sie individuell mit dem behandelnden Spezialisten abklären.
Kreuzbandriss (Kreuzbandruptur)
Wenn ein Fußballer eine mehrmonatige Zwangspause einlegen muss oder der Skiurlaub ein vorzeitiges Ende nimmt, hat dies häufig mit einem Bänderriss im Kniegelenk zu tun. Dort treffen die Auflageflächen des Oberschenkelknochens (Femur) und des Schienbeinknochens (Tibia) aufeinander; sie werden durch verschiedene Bänder in der vorgesehenen Position gehalten und stabilisiert. Neben den Außenbändern (Seitenbändern) und dem Kniescheibenband sind gerade auch die zwei innen liegenden Kreuzbänder (vorderes und hinteres Kreuzband) für die richtige Funktion des Kniegelenks verantwortlich.
Ein Einriss oder vollständiger Riss eines Kreuzbands entsteht praktisch nie aus dem normalen Bewegungsablauf des Kniegelenks heraus sondern ist die direkte Folge einer Gewalteinwirkung von außen, bei der die Reißfestigkeit des Bandes überschritten wird. Dies bedeutet indes nicht, dass hierzu immer das Kniegelenk selbst einen heftigen Schlag oder Stoß erhalten muss; viel häufiger sind Hebelkräfte, die von den Knochen durch plötzliche, unvorhergesehene Richtungswechsel beim Laufen oder Springen auf das Kniegelenk übertragen werden, der Grund für den Riss eines Kreuzbands.
Betrachtet man alle klinisch relevanten Knieverletzungen, sind Bänderrisse mit über 40 Prozent die häufigsten Läsionen, innerhalb der Kategorie „Bänder“ kommt wiederum die Verletzung des vorderen Kreuzbands mit etwa 45 Prozent am häufigsten vor, gefolgt vom Riss des Innenbands. Eine Verletzung des hinteren Kreuzbands ist mit etwa 4 Prozent aller Fälle wesentlich seltener. In der Praxis dominieren Mehrfachverletzungen des Kniegelenks, typisch ist etwa die Kombination einer Läsion von vorderem Kreuzband, Innenband und Innenmeniskus (innerer Teil der Dämpfungsscheiben im Kniegelenk). Hierfür steht im internationalen medizinischen Sprachgebrauch der englische Begriff unhappy triade.
Eine derartige Verletzung des Kniegelenks wird schnell durch Schmerzen, Schwellung und Einschränkung der Beweglichkeit spürbar, meist begleitet von einem großen Hämathros (Bluterguss) im Gelenk. Der Unfallarzt oder Orthopäde kann den Schaden oft schon durch äußerliches Betrachten, Abtasten und verschiedene Bewegungstests eingrenzen, sicher diagnostiziert wird ein. Kreuzbandriss dann durch eine Röntgen- oder MRT-Aufnahme des Kniegelenks. Die klassische Innenbetrachtung (Spiegelung) des Kniegelenks wird heutzutage meist nicht mehr zur Diagnose, sondern zur operativen Behandlung der Verletzung(en) eingesetzt.
Ein Kreuzbandriss kann nicht unbehandelt bleiben, da es langfristig zu schweren degenerativen Schäden (Arthrose) des Kniegelenks mit irreversibler Bewegungseinschränkung kommen kann. Im Gegensatz zum Riss des Außen- oder Innenbandes wächst ein gerissenes Kreuzband nicht wieder von selbst zusammen. Im Einzelfall kann es dennoch möglich sein, auf eine Operation des gerissenen Bandes zu verzichten. Geduldige, körperlich wenig aktive Menschen können durch gezielte Maßnahmen zum Aufbau der Oberschenkelmuskulatur (Physiotherapie), Kältetherapie und konsequentes Entlasten des Kniegelenks durch das Verwenden von Gehhilfen und, wann immer möglich, Hochlagern des Beins über einen längeren Zeitraum (12 bis 16 Wochen) eine Besserung auf konservativem Wege erreichen, also das lädierte Kniegelenk „von außen“ stabilisieren. Ob eine solche konservative Behandlung in Frage kommt, muss individuell mit dem behandelnden Arzt geklärt werden.
Die operative Behandlung eines Kreuzbandrisses besteht wegen schlechter Prognose zumeist nicht in der Reparatur (Annähen) des gerissenen Bandes, sondern im Ersatz durch ein Transplantat eines Sehnenstückes, entnommen entweder aus der Sehne zwischen Kniescheibe und Schienbein (Patellasehne) oder vom inneren, hinteren Bereich des Oberschenkels (Semitendinosussehne). Manchmal kommt auch Fremdmaterial, durch Organspende von Verstorbenen gewonnen, zum Einsatz; hier besteht allerdings die Gefahr von Abstoßungsreaktionen, so dass die ganze OP letztlich vergeblich wird. Das Operationsverfahren selbst läuft ähnlich einer Spiegelung (Arthroskopie) des Kniegelenks ab. Auch hier schließt sich eine Nachbehandlung über mehrere Wochen an, bei der das operierte Knie erst gar nicht und dann, unterstützt durch Physiotherapie, schrittweise wieder belastet werden kann. Komplikationen im Heilungsprozess (Thrombosen, Gelenkinfektionen, Blutungen, Nervenschädigungen) kommen glücklicherweise nur selten vor.
Meniskopathie (Meniskusschaden)
Dieser Sammelbegriff meint krankhafte, fortschreitend degenerative (durch Abbau von Substanz) oder traumatische (durch kleine Brüche bzw. Risse) Veränderungen der zwei halbmondförmigen Knorpelscheiben (Menisken) im Kniegelenk. Nicht gemeint sind hier akute Meniskusschäden durch mechanische Einwirkung (Meniskusruptur = Riss, „Sportverletzung“). Die Menisken passen die unterschiedlichen Oberflächenformen vom Schienbeinknochen (Tibia) und Oberschenkelknochen (Femur) aneinander an, sie wirken zusammen mit dem Knorpelgewebe auf den Gelenkflächen der Knochen stoßdämpfend und stabilisierend.
Eine chronisch verlaufende Meniskopathie kann zum einen genetisch (erblich, familiär) bedingt in unterschiedlichem Ausmaß auftreten, aber auch verschiedene über einen längeren Zeitraum betriebene Sportarten (Fußball, Tennis, Skilaufen und -springen etc.) kommen als Ursache in Frage, genau wie berufliche Tätigkeiten, die mit einer dauernd hohen Belastung der Kniegelenke einher gehen: Bergmann, Ofensetzer, Fliesen- Teppich- oder Parkettleger, Rangierarbeiter und allgemein Tätigkeiten unter besonders beengten Raumverhältnissen verursachen einen vorzeitigen Meniskenverschleiß – dies mag auch erklären, warum allgemein Männer häufiger mit Meniskusproblemen zu tun haben als Frauen. Die halbmondförmigen, auf den Schienbeinkopfgelenkflächen nur wenig verschiebbaren Knorpelscheiben (hier besonders der Innenmeniskus) werden in verstärktem Maße belastet. Dadurch können sich allmählich Deformierungen, Ernährungsstörungen des Gewebes sowie degenerative Veränderungen mit Einbuße an Elastizität und Gleitfähigkeit der Menisken ausbilden.
Ein derart vorgeschädigter Meniskus kann beim Aufrichten aus kniender Stellung, bei Drehbewegungen, beim Treppensteigen oder auch beim ganz normalen Gehen von seinen natürlichen Befestigungspunkten ganz oder teilweise gelöst werden, was sich durch plötzliche heftigste Schmerzen, manchmal mit Verlust der Bewegungsfähigkeit (Gelenkblockade) bemerkbar macht; man spricht hier von Spontanlösung aus Gelegenheitsursache. Typisches Anzeichen ist auch ein schnappendes Gelenkgeräusch. Die berufsbedingte Meniskopathie kann als Folgeschaden zu Arthrosis deformans (Gelenkdeformierung durch Neubildung von Knochengewebe) führen. Ein chronischer Meniskusschaden kann auch lange Zeit unbemerkt verlaufen oder aber mit chronischen Schmerzen am Gelenkspalt (mittig oder seitlich) und späteren Funktionsstörungen einhergehen. Ferner kann sich Gewebswasser im Kniegelenk sammeln; ein solcher Gelenkerguss kann das Bild eines „Reizknies“ hervorrufen. Der Gelenkspalt ist dann häufig wulstartig geschwollen, überwärmt und druckschmerzhaft.
Der Facharzt für Orthopädie ist der richtige Ansprechpartner um heraus zu finden, welche Schädigung des Kniegelenkes vorliegt. Neben der Befragung zur Vorgeschichte der Beschwerden (dauerhafte Belastungen, frühere Unfälle) geben äußerliche Untersuchungen (Betrachten, Drücken, Bewegungstests) sowie bildgebende Verfahren wie Röntgen und MRT („Kernspin“) Aufschluss darüber, was im Kniegelenk nicht in Ordnung ist. Auch eine Untersuchung der durch Punktion abgezapften Gelenkflüssigkeit sowie die klassische Innenansicht des Gelenks durch Spiegelung (Arthroskopie) können sinnvoll sein.
Die Therapie richtet sich nach dem individuellen Schadensbild. Mittlerweile werden Schädigungen der Menisken nicht nur arthroskopisch, also durch Gelenkspiegelung, festgestellt, sondern auch auf diesem Wege behandelt: Das Erhalten noch verwendbaren Gewebes hat hierbei Vorrang vor dem Entfernen. Nur stark geschädigte Anteile des Meniskus, etwa beim so genannten Korbhenkelriss, werden heute beseitigt, während Risse an der Meniskusbasis, vor allem bei jüngeren Patienten, vorzugsweise wieder angenäht werden. Den Meniskus zu erhalten, liegt im Trend, da die Langzeitergebnisse besser sind als nach einer Entfernung. Daher beschreitet und erprobt man in der Orthopädie auch neue Wege wie das Einpflanzen von menschlichen Spender-Menisken oder künstlichen Transplantaten. In jedem Fall ist die Nachbehandlung durch Krankengymnastik nach einem operativen Eingriff am Knie wichtig, um die ursprüngliche Bewegungsfähigkeit des Gelenks zurück zu bringen und die Oberschenkelmuskulatur zu stärken. Bandagen unterstützen den Heilungsprozess.
Patellaluxation (Kniescheibenverrenkung)
Unter diesem Begriff versteht man eine Verletzung des Kniegelenks, bei der die Kniescheibe (Patella) aus ihrer v-förmigen knöchernen Führungsrinne am Oberschenkelknochen zur Außenseite heraus springt. Dabei kommt es häufig zu weiteren Verletzungen der Bänder auf der Innenseite des Kniegelenks sowie von Knochen und / oder Knorpelgewebe an Kniescheibe und Oberschenkelknochen. In der Regel ist die plötzliche Verrenkung der Kniescheibe mit ebenso spontan einsetzenden heftigen Schmerzen verbunden, die zusammen mit dem Schreckempfinden bei sensiblen Patienten einen Schockzustand mit Kreislaufproblemen und Ohnmacht hervorrufen können. In vielen Fällen gelingt es den Betroffenen unmittelbar, die Kniescheibe wieder in ihr vorgesehenes Lager zurück zu bewegen; hierbei renkt sich die Patella bei einer unbewussten oder gezielten Drehbewegung des Kniegelenks wieder ein (spontane Reposition).
In der medizinischen Praxis zeigen sich die folgenden Risikofaktoren für das Auftreten einer Kniescheibenverrenkung: Jugendliches Alter, weibliches Geschlecht, schlanker Körperbau, sportlich aktiv. Daneben sind Faktoren wie eine allgemeine Bindegewebsschwäche, Fehlstellungen der Beinknochen („X-Beine“), eine nicht richtig ausgebildete Streckmuskulatur des Oberschenkels sowie genetisch (familiär) bedingte Fehlbildungen der Kniescheibe oder ihres Gleitlagers. Ebenso wird danach unterschieden, ob die Verrenkung erstmals (Erstluxation) oder als Wiederholungsfall (rezidivierende Luxation) auftritt und ob dies die Folge eines Unfalls, also einer unmittelbaren Gewalteinwirkung von außen durch Sturz, Schlag bzw. Anprall ist (traumatische Luxation), oder ob die Kniescheibe ohne äußere Gewalteinwirkung nur durch eine (ungünstige) Drehbewegung des Knies heraus sprang (habituelle Luxation).
Beim Arzt lässt sich die Kniescheibenverrenkung schon durch das äußere Erscheinungsbild mit der seitlichen Verschiebung sicher diagnostizieren. Die erste Sofortmaßnahme ist die Reposition der Kniescheibe bei Streckung des Kniegelenks und gleichzeitiger Beugung des Hüftgelenks zur Entspannung der Oberschenkelmuskulatur. Bei sehr starken Schmerzen und Verkrampfung des Patienten ist ggf. eine intravenöse Gabe von Schmerz- und Beruhigungsmitteln vor der Reposition erforderlich. Auch wenn die Kniescheibe sich bereits von selbst repositioniert hat, ist die ärztliche Untersuchung absolut geboten um die Art und Schwere möglicher Begleitverletzungen, wie etwa Schädigungen der Bänder oder Absplitterungen von Knochen- und Knorpelgewebe, festzustellen. Häufig bildet sich ein großer schmerzender Bluterguss (Hämathros), dessen Abbauprodukte über Wochen sichtbar bleiben. Ist ein solcher Kniegelenkserguss sicht- bzw. tastbar, sollte eine Punktion (Absaugung) des Kniegelenks durchgeführt werden. Dies wirkt schmerzlindernd durch Druckentlastung; außerdem kann das in das Gelenk ausgetretene Blut auch schädigend auf die Knorpeloberfläche wirken und sollte schon deshalb aus dem Gelenk entfernt werden. Ein solcher Bluterguss ist auch immer ein Indiz für weitere Verletzungen. Der behandelnde Arzt wird daher Röntgenbilder des Knies aus verschiedenen Sichtwinkeln (Ebenen) anfertigen sowie eine Magnetresonanztomografie (MRT, „Kernspin“) durchführen, um alle möglichen Schäden im Detail zu erkennen.
Nach einer erstmaligen Patellaluxation liegt das Risiko für das erneute Auftreten einer derartigen Verletzung bei etwa 30% und steigt mit jeder weiteren Luxation weiter an. Jede Patellaluxation ist eine ernste Verletzung des Kniegelenks mit dem erwähnten Risiko von Knorpelverletzungen und der Ausbildung von Vernarbungen infolge einer Entzündungsreaktion. Die konservative Behandlung erfolgt durch Ruhigstellung des gestreckten Kniegelenks mit einer Schiene (Orthese) für mehrere Wochen. Bei angelegter Schiene ist auch eine maßvolle Belastung des verletzten Beines möglich.
Kommt es jedoch bald zu einer erneuten Verrenkung der Kniescheibe, sollte eine Operation zu ihrer Stabilisierung erfolgen, besonders bei sportlich Aktiven oder Menschen mit beruflich bedingter Belastung der Kniegelenke. Hier unterscheidet man Eingriffe an den Bindegeweben von Eingriffen am Knochen. Welche Operation im Einzelfall notwendig bzw. sinnvoll ist, entscheidet sich nach dem jeweiligen Befund, wozu auch eine Vermessung der Beinachsen gehört. Auch die weitere Behandlung (Physiotherapie mit Training der Oberschenkelmuskulatur) richtet sich nach der angewandten Operationsmethode.
Langfristig besteht auch bei optimaler Behandlung einer Patellaluxation die Gefahr einer Schädigung der Knorpelflächen von Kniescheibe und ihrer Gleitrinne am Oberschenkel, was irgendwann zu vorzeitigem Verschleiß des Gelenks zwischen Kniescheibe und Oberschenkel (retropatellare Arthrose) führt. Ziel aller Behandlungen ist also, diese Verschleißerscheinungen zu vermeiden bzw. möglichst lange hinauszuzögern und somit eine schmerzfreie Funktion des Kniegelenks dauerhaft zu erhalten.
Patellaspitzensyndrom (Larsen-Johannson-Krankheit, Jumpers Knee)
Beim Patellaspitzensyndrom handelt es sich um eine chronische, schmerzhafte, degenerative Überlastungserkrankung des Übergangs von der Patellasehne zum Knochen an der unteren Spitze der Kniescheibe. Die untere Spitze der Kniescheibe, an der die Sehnen von Muskeln ansetzen, schmerzt bei Belastung – häufig werden diese Beschwerden mit Schmerzen im Kniegelenk verwechselt. Typischerweise betrifft das Leiden junge, sportlich aktive Menschen und hier besonders jene, die eine Sportart mit hohem Sprunganteil betreiben (Ballsportarten wie Hand-, Volley- oder Basketball, Hochsprung, Weitsprung etc.) Bei derartigen Sprüngen, besonders aber bei der nachfolgenden Landung, kommt es zu einer maximalen Zugbeanspruchung der Kniescheibensehne, wobei die Häufigkeit und Intensität der Belastung, aber auch der Trainingszustand eine wesentliche Rolle bei der Ausprägung der Erkrankung spielen. Des weiteren kommen angeborene Faktoren wie eine Fehlbildung der Kniescheibe (Hochstand, Patella alta), Wachstumsstörungen oder eine Schwäche der Bänder in Betracht.
Je nach Ausprägung der Überlastung treten die Schmerzen am unteren Rand der Kniescheibe nur zu Beginn einer Belastung, während und nach der Belastung oder sogar permanent bei normalen Bewegungsabläufen wie etwa Treppensteigen auf. Eine Schwellung kann hinzu kommen. Bleibt die Überlastung über lange Zeit unbehandelt, kann sich ein Knochenstück aus der Kniescheibe herauslösen und absterben. Bei der ärztlichen Untersuchung ist eine solche Knochenerosion im Röntgenbild zu erkennen, mit einer MRT- Aufnahme („Kernspin“) oder Ultraschalluntersuchung (Sonografie) wird zusätzlich die entzündliche Veränderung des Sehnenansatzes sichtbar. Meist ergibt die Befragung zur Krankenvorgeschichte (Anamnese) auch eindeutige Hinweise auf eine chronische Überbelastung.
Für die Therapie des Patellaspitzensyndroms gibt es mehrere Ansätze. An vorbeugenden Maßnahmen zur Reduzierung der Belastung sind regelmäßige Dehn- und Aufwärmübungen der Beinmuskulatur vor einer körperlichen Belastung, das Einhalten ausreichender Regenerationsphasen und bei Vorliegen einer Fehlstellung auch das Tragen von Schuheinlagen zu nennen. Bei akuten Beschwerden muss die belastende Tätigkeit ausgesetzt werden; daneben wird versucht, mittels Kälte- bzw. Wärmeanwendungen, Physiotherapie, Ultraschall- und Stoßwellentherapie sowie Massagen eine Besserung der Beschwerden zu erreichen. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, den Sehnenansatz durch lokale Stoffwechselaktivierung (Durchblutung) zu regenerieren. Zudem soll die Zugspannung am Sehnenansatz durch Lockern der Oberschenkelmuskulatur reduziert werden. Unterstützen kann man den Prozess durch örtliche Applikation der bekannten entzündungshemmenden Präparate mit den Wirkstoffen Diclofenac und / oder Ibuprofen. Manchmal wird gewünscht, das Abklingen der Entzündung durch Injektionen kortisonhaltiger Substanzen zu beschleunigen; dies muss jedoch sehr bewusst und maßvoll geschehen, da Kortison das Sehnengewebe schädigt, was bis zum Absterben führen kann.
Kann trotz längerer Belastungspause und richtig durchgeführter konservativer Therapie keine Beschwerdefreiheit und somit Sportfähigkeit erreicht werden, sollte eine Operation in Erwägung gezogen werden. Dabei werden Sehnengleitgewebe, degeneriertes Gewebe oder Nervenenden in der Sehnenumgebung entfernt oder die Sehnenspitze neu positioniert. Welche Verfahren im individuellen Fall geeignet sind, hängt vom Ausmaß der Sehnenveränderung ab. Bestehen Veränderungen lediglich am Sehnenansatz, ist eine minimalinvasive Eröffnung des Kniegelenks (Arthroskopie) mit teilweiser Ablösung der Sehne und Entfernung des degenerativen Areals sinnvoll. Bei stärkerem bzw. langstreckigem Sehnenschaden oder bei partieller Sehnennekrose ist eine offene Operation notwendig. Die Nachbehandlung mit Physiotherapie und langsamer Belastungssteigerung muss individuell festgelegt werden. Sie ist abhängig vom ursprünglichen Sehnenschaden und der durchgeführten Operation.
Tendopathie
Der Begriff der Tendopathie umfasst in der Humanmedizin zum einen alle nicht bakteriell bedingten Entzündungen der Sehnen bzw. Sehnenscheiden in Ansatznähe – die bekannte Sehnenscheidenentzündung (Tendovaginitis) fällt also auch in die Kategorie einer Tendopathie. Zum anderen beinhaltet der Begriff aber auch alle degenerativen (verschleißbedingten) Veränderungen an den Sehnenursprüngen und Ansätzen am Knochen. Tendopathie ist nicht zu verwechseln mit Tendinitis, einer Erkrankung der Sehnen aus dem rheumatischen Komplex.
Eine Tendopathie kann in jedem Lebensalter auftreten. Typischerweise sind länger andauernde Beanspruchungen und Überlastungen bzw. Einengungen infolge der ausgeübten beruflichen oder sportlichen Tätigkeit die Ursache, man denke etwa an den so genannten Tennisellenbogen. Durch die Überlastung kommt es zu kleinen Verletzungen (Mikrotraumata) und / oder Verkalkungen im Bereich der Sehnen. Eine Tendopathie kann aber auch als Folge eines Muskelungleichgewichts (Muskeldysbalance) auftreten. Auch bei degenerativen Veränderungen an den Gelenken findet sich begleitend oftmals eine Tendopathie, hier sei auf die Tendopathie bei Coxarthrose am Hüftgelenk sowie die Tendopathie am Kniegelenk bei Verschleiß am Knorpel der Kniescheibe hingewiesen. Weitere Ursachen können Stoffwechselerkrankungen wie Osteoporose (Knochenschwund) sowie Gicht sein.
Bei einseitigen Haltungen am Arbeitsplatz (Computer!) treten Tendopathien im Rahmen eines Zervikalsyndroms (Schulter-/Nackensyndrom) häufig auf. Es zeigen sich dann schmerzhafte Funktionseinschränkungen im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) oder der Hand (so genanntes Maushandsyndrom). In jüngster Zeit häufen sich Fälle einer Tendopathie des Daumens infolge exzessiven SMS-Schreibens. Alle Tendopathien gehen mit oft heftigen Schmerzen und Funktions- / Beweglichkeitseinschränkungen der betroffenen Körperpartie einher, meist schmerzen die Sehnen, Sehnenansätze und Gleitlager der Sehnen nicht nur bei Beanspruchung, sondern schon dann, wenn ein leichter Druck auf den entzündeten Bereich ausgeübt wird.
Die Behandlung des Leidens fällt in das Fachgebiet der Orthopädie. Der Arzt erfragt zunächst die Vorgeschichte der Erkrankung (Anamnese), um aufgrund der Angaben zu beruflichen oder sportlichen Tätigkeiten und Gewohnheiten mögliche Ursachen einzugrenzen. Mit der eingehenden körperlichen Untersuchung, bei Bedarf ergänzt durch Laboruntersuchungen, können bestehende schwere systemische Grunderkrankungen (etwa Diabetes, Gicht oder Osteoporose) erkannt oder ausgeschlossen werden. Gezielte Dehnungs- oder Bewegungstests liefern weitere Hinweise auf Art und Schweregrad einer Tendopathie, ergänzend können die bekannten bildgebenden Untersuchungsverfahren (Ultraschall, Röntgen, MRT) zur Anwendung kommen.
Akute und chronische Tendopathien werden unterschiedlich behandelt. Bei akuten Fällen steht die Schmerzlinderung mittels Medikamenten, Ultraschall, Kälte- bzw. Wärmeanwendungen und Ruhigstellung der betroffenen Partie im Vordergrund; bei chronischen Tendopathien versucht man mit vorsichtiger Bewegungstherapie, Bewegungseinschränkungen zu bessern sowie das schmerzbedingte Muskelungleichgewicht wieder abzubauen. Oft können auch funktionelle Verbände eine Besserung bringen. Weitere mögliche Therapieverfahren sind hier die Röntgenreizbestrahlung und die Stoßwellentherapie. Ein ursächliches Muskelungleichgewicht lässt sich mit einer speziellen Sporttherapie (medizinische Trainingstherapie, MTT) behandeln.
Wenn alle konservativen Behandlungen keine richtige Besserung bringen, kommen auch verschiedene spezielle Operationsverfahren zur Beseitigung des Sehnenleidens in Frage, die sich an dieser Stelle nicht in wenigen Worten erläutern lassen. Hier muss der behandelnde Arzt individuell die Vor- und Nachteile der Methoden erläutern und entscheiden, welche Operation im vorliegenden Fall am besten geeignet ist.