Beschreibung
Die Huntington-Krankheit ist eine sehr seltene, vererbbare Erkrankung des Gehirns. In Westeuropa und Nordamerika sind ungefähr 7 von 100.000 Menschen von der Huntington-Krankheit betroffen – in Deutschland sind etwa 8.000 Fälle bekannt, wobei Männer wie Frauen gleich häufig betroffen sind. Es handelt sich um eine fortschreitende Erkrankung, deren erste Symptome sich meist zwischen dem 35. und 45. Lebensjahr zeigen. Ihr Verlauf und die Art und Ausprägung der Symptome kann individuell sehr verschieden sein. Die Erkrankung ist bisher nicht ursächlich behandelbar und führt ca. 15 Jahre nach Auftreten der ersten Symptome zum Tod.
Benannt ist die Huntington-Krankheit nach dem US-amerikanischen Arzt George Huntington (1850 – 1916), der die Erblichkeit und den Krankheitsverlauf im Jahr 1872 erstmals ausführlich beschrieb. Heute sind der Begriff Huntington-Krankheit oder das Kürzel HD (englisch für Huntington Disease) die gebräuchlichsten Bezeichnungen der Erkrankung; die Begriffe Chorea Huntington (Chorea = griechisch: Tanz) oder Veitstanz sind dagegen überholt, da sie inhaltlich nur einen Teil des Krankheitsbilds, nämlich unkontrollierte Muskelbewegungen, beschreiben.
Ursachen
Bei der Huntington-Krankheit handelt es sich um einen erblichen, dominanten Gendefekt, der nicht auf einem geschlechtsspezifischen Chromosom liegt, weshalb die Krankheit Männer wie Frauen gleichermaßen betrifft. Die genaue Lokalisierung des Defektes gelang erst im Jahr1993. Das betreffende Gen auf Chromosom Nr. 4 zeigt eine abnorm erhöhte Wiederholungsrate der Erbsubstanz-Bausteine (Nukleinsäuren). Als Folge bildet der Körper einen veränderten Eiweißbaustein (Polyglutamin), der mit sich selbst bzw. mit anderen Eiweißen verklumpt und den lebenswichtigen Zuckerstoffwechsel der Nervenzellen zu behindern scheint. Schließlich kommt es zu massenhaftem Absterben der Zellen in den Stammganglien und der Hirnrinde, was zu den typischen neurologischen und psychischen Veränderungen führt. Die exakten Hintergründe der Genmutation sowie der daraus resultierenden Abläufe sind noch nicht restlos erforscht.
Krankheitsverlauf und Symptome
Wie schon erwähnt, ist der Krankheitsverlauf individuell verschieden. In den jeweiligen Krankheitsstadien kann sich eine Vielzahl von Symptomen zeigen, die jedoch nicht alle zusammen oder in der immer gleichen Reihenfolge auftreten müssen. Die Symptome lassen sich prinzipiell in drei Gruppen gliedern: Verhaltensstörungen (psychische Symptome, diese sind oft das erste Anzeichen), körperliche (neurologische) Symptome und demenzielle Symptome (Rückgang der intellektuellen Fähigkeiten).
Psychische Symptome sind auffällige Änderungen im Wesen und sozialen Verhalten des Patienten. Dies kann sich in sozialem Rückzug, allgemeinem Interessenverlust, Ängsten, Wahnvorstellungen und Suizidgedanken ebenso äußern wie in irrationalen Energieschüben, Aggressionen und Hemmungslosigkeit. Zumeist sind diese Wesensveränderungen eine direkte Folge des Absterbens von Hirnzellen, sie können jedoch auch eine emotionale Reaktion auf das Wissen um die Erkrankung und ihren derzeit noch unheilbaren Verlauf sein.
Neurologische bzw. körperliche Symptome bei HD können denen einer Parkinson-Erkrankung ähneln, weshalb stets eine Reihe von Untersuchungen einschließlich Gentests erforderlich sind, um eine sichere Diagnose stellen zu können. Auffälligstes körperliches Symptom sind die ruckartigen, schnellen, unwillkürlichen Bewegungen einzelner Gliedmaßen (choreatische Hyperkinesen), die sich nach und nach verstärken und auf die Gesichts- und Rachenmuskulatur übergreifen können (Sprech- und Schluckbeschwerden). In manchen Fällen tritt auch eine krampfartige Muskelsteifheit ein.
Unter die Kategorie der demenziellen Symptome fallen zunehmende Vergesslichkeit, Merkfähigkeitsverlust und Konzentrationsstörungen (Durchhalten von Gedankengängen). Auch hier wird durch entspr. Untersuchungen eine andere Erkrankung (Alzheimer-Demenz etc.) ausgeschlossen.
Therapie
Da eine ursächliche Behandlung von HD bisher nicht verfügbar ist, konzentrieren sich alle Therapieansätze auf die Linderung der jeweils vorherrschenden Symptome, um für den Patienten möglichst lange ein hohes Maß an Lebensqualität zu erhalten. So lassen sich Bewegungsstörungen und Depressionen medikamentös behandeln. Begleitende Physio- und Ergotherapie sowie Logopädie zielt darauf ab, die motorischen Fähigkeiten zu stärken. Auch Ernährungsberatung gehört dazu.
Da die Huntington-Erkrankung ein komplexes Symptombild zeigt und vergleichsweise selten auftritt, ist es enorm wichtig, von den richtigen Ärzten einen individuell genau ausgearbeiteten Behandlungsmix verordnet zu bekommen. Viele normale Neurologen sind mit der Diagnosestellung und Behandlungskoordination schlichtweg überfordert. Bundesweit bestehen aber inzwischen in vielen Städten Kompetenzzentren mit HD-Spezialsprechstunden, meist an großen Kliniken. Adressen finden sich im Internet unter www.euro-hd.net .
Da es sich um eine erbliche Erkrankung handelt, stellt die genetische Beratung einen weiteren Schwerpunkt in der Betreuung von Betroffenen und Angehörigen dar. Auch diese sollte nur in diesbezüglich spezialisierten Zentren erfolgen.