Hier versuchen wir, in kompakter Form ein ganz weites Feld zu beschreiben: Eine Erkrankung mit dramatischen Konsequenzen -sowohl für die Betroffenen als gerade auch für die betreuenden Angehörigen / Bezugspersonen- und einer wachsenden gesellschaftlichen Relevanz, der bisher nur unzureichend Rechnung getragen wird.
Zum Einstieg ist sicher eine Begriffsklärung sinnvoll, da in unserem täglichen Sprachgebrauch viele verschiedene Termini nebeneinander verwendet werden, die zum Teil ein und dasselbe Phänomen beschreiben, zum Teil aber auch gänzlich falsch sind. Also: Der Begriff „Alzheimer“ oder „Alzheimersche Krankheit“ meint die häufigste, aber nicht die einzig mögliche Form von so genannten neurodegenerativen Erkrankungen, die durch den fortschreitenden Abbau von Nervenzellen (Neurodegeneration) des Gehirns gekennzeichnet sind. Dies führt irgendwann zu einem ausgeprägten Defizit an kognitiven (vom lat. cognoscere = ,kennen, lernen, wiedererkennen), emotionalen und sozialen Fähigkeiten mit Beeinträchtigung von sozialen und beruflichen Kompetenzen (Persönlichkeitsveränderung). Dieser Defizitzustand wird als Demenz bezeichnet: Der Begriff Demenz ist also nicht die Bezeichnung für die Erkrankung an sich, sondern er beschreibt den krankheitsbedingten Status verminderter geistiger Leistungsfähigkeit.
Medizinisch korrekt ist immer noch die Bezeichnung Alzheimer-Krankheit oder Morbus Alzheimer, benannt nach dem deutschen Psychiater und Neuropathologen Alois Alzheimer (1864-1915), der die typischen geistigen Defizitsymptome bei einer noch relativ jungen Patientin 1901 erstmals beschrieb und nach deren Tod 1906 das Gehirn sezierte, wobei er deutlich sichtbare Veränderungen in der Hirnstruktur feststellte: Eiweißablagerungen, verfilzte Nervenbündel und abgestorbene Areale. Er bezeichnete dies damals noch vage als „eine eigenartige Krankheit der Hirnrinde“.
Weltweit sind etwa zwei Drittel aller Demenzerkrankungen solche vom Typ Alzheimer, in Deutschland sind gegenwärtig etwa 1,2 Millionen Fälle bekannt; wegen der weiter steigenden Lebenserwartung wird bis 2050 mit einer Verdoppelung der Fallzahlen gerechnet, denn die Alzheimer-Krankheit ist ein typischen Altersleiden, wenngleich -selten- auch Personen unterhalb des 50. Lebensjahres betroffen sind.
Heute weiß die medizinische Forschung zwar ziemlich genau, wie die degenerativen Prozesse, welche zur Demenz vom Typ Alzheimer führen, ablaufen; indes ist bisher nicht genau geklärt, welche Ursachen das Zellsterben im Gehirn auslösen. Sicher ist, dass es eine Reihe von Risikofaktoren gibt, die das Entstehen der Erkrankung begünstigen können. Dies sind neben einer familiären Komponente (ein erblicher Gendefekt, auf den man sich testen lassen kann) Faktoren wie Übergewicht, Tabak- und Alkoholkonsum, Bluthochdruck, Diabetes mellitus, ein dauerhaft erhöhter Cholesterinspiegel, Funktionsstörungen der Schilddrüse sowie Arteriosklerose. Ein wesentlicher Risikofaktor ist, auch wenn dies böse klingt, das Lebensalter: Jenseits des 60. Lebensjahres steigt das Risiko, an Alzheimer zu erkranken, immer steiler an. Von den über 80-jährigen zeigen bereits etwa 20 Prozent Symptome der Krankheit, wobei insgesamt Frauen etwas häufiger als Männer betroffen sind.
Der Mediziner unterscheidet verschiedene Stadien der Erkrankung mit jeweils typischen Symptomen, die von leichter Vergesslichkeit im Frühstadium bis zur Bettlägerigkeit mit Totalverlust der geistigen und auch motorischen Fähigkeiten reichen. Die Diagnose „Alzheimer“ ist nicht leicht zu stellen; sie ist eine so genannte Ausschlussdiagnose, also das, was übrig bleibt, wenn verschiedene andere Erkrankungen, die ebenfalls dementielle Symptome hervorrufen, ausgeschlossen werden können. Solche Erkrankungen sind etwa die normale altersbedingte Vergesslichkeit (leichte kognitive Störung, LKS), psychische Störungen wie etwa Depressionen, Psychosen, Wahn, organische Gehirnerkrankungen wie Tumore oder Durchblutungsstörungen (etwa nach einem Schlaganfall) oder Stoffwechselstörungen.
Hieraus ergibt sich, dass eine ganze Reihe von Untersuchungen erforderlich ist, um zur richtigen Diagnose zu gelangen wenn man den Eindruck hat, bei sich selbst oder beim Partner bzw. Freunden könnte geistig etwas nicht (mehr) stimmen. Der richtige Ansprechpartner ist der Facharzt für Neurologie: Er lässt sich zunächst die Symptome schildern und wird dann eine Reihe von neuropsychologischen Tests durchführen, womit Art und Schweregrad der Gedächtnisstörungen aufgedeckt werden können. Blutuntersuchungen sowie Untersuchung des Gehirns mit bildgebenden Verfahren (MRT, CT) dienen in erster Linie dazu, mögliche andere Erkrankungen ausschließen zu können; im Frühstadium der Erkrankung sind nämlich beim Betroffenen meist noch keine degenerativen Veränderungen der Hirnsubstanz erkennbar.
Trotz immensem Forschungsaufwand ist die Alzheimer-Krankheit bisher nicht heilbar; somit zielen alle möglichen Behandlungswege darauf ab, die Symptome zu lindern und das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen. Hierzu kommt eine Reihe von Medikamenten zum Einsatz, begleitet von psycho- und soziotherapeutischen Behandlungen wie Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie. Welcher Behandlungsmix in Frage kommt, muss für jeden Einzelfall festgelegt, überwacht und ggfs. modifiziert werden.
Neben den derzeit anerkannten Behandlungswegen laufen weitweit klinische Studien zur Erprobung neuer Medikamente und Verfahren (z.B. Entwicklung und Erprobung eines wirksamen Impfstoffs). Dies auch nur ansatzweise aufzulisten würde den Rahmen dieser Beschreibung sprengen. Ein Blick ins Internet gibt einen ersten Eindruck der Fülle an möglichen Chancen und auch falschen Versprechungen. Wichtig ist, sich als Betroffener oder Angehöriger nicht nur mit der Meinung und Kenntnis eines einzelnen Arztes zufrieden zu geben, sondern immer wieder gezielt nach neuen Behandlungsmöglichkeiten zu fragen und zu suchen. Wer sich sagt: „Was habe ich schon zu verlieren?“ kann sich auch um die Teilnahme an klinischen Studien bemühen, wo neuartige Medikationen auf ihre Wirksamkeit getestet werden. Einen gut verständlichen Einstieg in die Materie bietet etwa die Internetplattform www.alzheimer-forschung.de .
Text: Alexander Strauch